Vom Hoffen

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Langsam wird es hell. Marten sagt, mach´s dir gemütlich. Ich sinke auf den Balkonboden. Durch Risse in der Wolkendecke kommt schales Licht. Marten sucht in der Küche nach Resten. Die feuchte Kälte vom Beton zieht durch meine Strumpfhose. Ein Schauer läuft mir über den Rücken, ich ziehe meine Beine, so nah es geht, an meinen Bauch und schlage die Arme darum.

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Weltgeburt

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Heute Nacht, als du geglaubt hast, ich atme nicht mehr, habe ich dir das Urbild der Welt geboren. Als du aufgewacht bist, weil du meinen Atem nicht mehr gespürt hast, als du gedacht hast, ich würde ersticken, weil du im Schein der Straßenlaternen gesehen hast, dass mein Kopf blau angelaufen und meine Augäpfel hervorgetreten waren, als du gemerkt hast, wie mein Körper sich zusammengezogen hat, hast du deine Hand auf meinen Brustkorb gelegt und gespürt, dass er weit aufgebläht war.

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Nimm mich jetzt auch, wenn ich stinke!

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Ich sitze vor dem Bildschirm und rieche süßlich, als hätte ich lange im Flugzeug gesessen, dabei habe ich nur nicht geschlafen. Alle sollen wissen, dass ich schreibe, an die Dusche habe ich gar nicht erst gedacht. So rieche ich wenigstens den eigenen Schweiß und nicht die anderen Kotzbrocken hier, die sich über die Bildschirme beugen, ihre Rücken sind schon buckliger als die der hässlichsten Bücher dieser Redaktion. Und sie schimmeln. Seit Tagen schimmeln ihre Köpfe vor den Rechnern und brechen nichts als Wortmatsch. Continue reading „Nimm mich jetzt auch, wenn ich stinke!“

Nachtgestalten

Traveler DC 140

Und wir nähen die Nacht an unsere Haut

Wir sammeln eine Schneeeule, eine Schleiereule und einen Kauz. Ihre gefallenen Federn klauben wir vom Käfigboden aus Gewölle. Wir übergießen ein Seifenstück mit kochendem Wasser und tunken das lose Gefieder. Mit Fingern aus Metall entwirren wir den Flaum. Der Reisetrockner presst den letzten Tropfen aus den Härchen. Auf geschecktem Kunststoff sitzen wir, zünden eine Kerze und schwärzen die Nadelspitze in ihrer Mitte. Wir beginnen mit den Handgelenken und stechen die Nadel einen Millimeter tief. Schieben sie ein Stückchen unter der obersten Schicht entlang, der weiße Faden scheint durch unsere Haut. Continue reading „Nachtgestalten“